Bypass Luzern: VCS und WWF fordern Verzicht
03. Juli 2020
Der Verkehr ist für rund einen Drittel des CO2-Ausstosses in der Schweiz verantwortlich. Davon entfallen fast drei Viertel auf den Autoverkehr. Während es alle anderen Sektoren in den letzten Jahren geschafft haben, den CO2-Ausstoss gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren, ist im Bereich Mobilität der Ausstoss weiter gestiegen. Zwar werden in Zukunft Elektroautos eine gewisse Verbesserung bringen, doch reicht das nicht aus, um die verbindlichen Klimaziele von Paris und «netto null 2050» zu erreichen.
«In der Agglomeration Luzern müssen wir jetzt auf den öffentlichen Verkehr und den Velo- und Fussverkehr setzen», sagt Michael Töngi, Präsident des VCS Luzern. Und Esther Hegglin, Klimaexpertin des WWF Luzern, ergänzt: «Fürs Klima ist es 5 vor 12: weiter fahren wie bisher liegt auch beim Verkehr nicht mehr drin.»
In ihrer Einsprache fordern WWF und VCS, dass der Bund die Auswirkungen des Bypass-Projekts auf die verbindlichen Klimaziele detailliert ausweist. Im aktuellen Projekt fehlt jede seriöse Bezugnahme auf die Klimaproblematik: In der Kosten-Nutzen-Analyse schlägt der Fahrzeitgewinn für die Autofahrer mit 1,3 Milliarden Franken positiv zu Buche, während auf der Gegenseite für das gesamte Projekt aber nur gerade mal 5 (!) Millionen Franken «Klimakosten» eingerechnet sind.
In der gemeinsamen Einsprache zum Bypass kritisieren WWF und VCS nebst der fehlenden Berücksichtigung der Klimafrage weitere, zentrale Punkte:
Fehlerhaftes Verkehrsmodell, falsche Verkehrsprognosen: Das dem Projekt Bypass hinterlegte Verkehrsmodell des Kantons Luzern basiert auf veralteten Daten. Es berücksichtigt die künftige gesellschaftliche Entwicklung nicht und weist damit methodische Mängel auf, wie die Studie der Verkehrs- und Mobiliäts-Experten Prof. Dr. Alexander Erath und Prof. Dr. Kay Axhausen zur Spange Nord/Reussportbrücke Anfang Jahr klar aufgezeigt hat.
Falsche Kosten-Nutzen-Analyse: Das mangelhafte Verkehrsmodell überschätzt die Nachfrage des motorisierten Individualverkehrs, was dazu führt, dass der Nutzen des Bypass im gleichen Mass überbewertet wird. Ebenso wird der Nutzen der Spange Nord nach wie vor voll eingerechnet, obwohl das Projekt vom Tisch ist.
Das Gesetz verlangt vom Bundesrat und der Verwaltung «einen wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz der Mittel» - VCS und WWF bezweifeln, dass dieser beim Bypass gegeben ist. «In der Berechnung wurden die Klimakosten kaum berücksichtigt – der Nutzen des Projekts ist mehr als fraglich, der Schaden für die Region dafür umso klarer», sagt Michael Töngi.
Mit dem Bypass: Rückbau der Stadtautobahn und neue Busspuren
Für den Fall, dass der Bypass trotz allem realisiert werden sollte, verlangen die Umweltverbände, dass die heutige Stadtautobahn entweder für den ÖV umgenutzt oder zurückgebaut wird. «Die Strassen-Überkapazität von Bypass und Stadtautobahn ist auch aus Sicht des Klimaschutzes nicht haltbar», sagt Esther Hegglin. Für die «Engpassbeseitigung» braucht es Massnahmen zur Verkehrsvermeidung statt neue Strassen.
Zudem fordern VCS und WWF flankierende Massnahmen. Das Autobahnprojekt wurde vom Bund stets als Projekt zur Entlastung der Stadt und Agglomeration vom Autoverkehr angepriesen, damit der öffentliche Verkehr gefördert werden könne. Davon ist im aktuellen Projekt nichts mehr zu finden. Für die Umweltverbände ist das nicht akzeptabel; ein Teil des Bypass-Ausbaus muss in der Innenstadt zu Gunsten von durchgehenden Busspuren (z.B. Kupferhammer Kriens bis Luzernerhof) kompensiert werden. Ebenfalls sind Anpassungen beim Lärmschutz zu machen und beim Eingriff in die Siedlungsstruktur; das von der Stadt Kriens lancierte Projekt «Chance Bypass» mit einer durchgehenden Eindeckelung der Autobahn im Schlund ist ein guter Ansatz, aber auch längere Tunnelvarianten wie die verworfene Variante «Nidfeld tief» müssten nochmals geprüft werden.